Tierarzneimittelgesetz – Was ist neu?

Seit dem 28. Januar 2022 sind neue gesetzliche Regelungen bezüglich Tierarzneimitteln von Tierärzten anzuwenden. Neu sind im Wesentlichen zwei Rechtsakte:

  1. EU-Tierarzneimittel-Verordnung 2019/6 (gültig in allen EU-Mitgliedsstaaten)
  2. nationales Tierarzneimittelgesetz „TAMG“ (gilt deutschlandweit)

Nun gibt es einige Neuerungen, die Tierärzte und Tierärztinnen bei der Abgabe von Medikamenten an Tierbesitzer zu beachten haben und die auch die Tierbesitzer/Tierbesitzerinnen direkt betreffen. Wir wollen die wichtigen Änderungen und deren Folgen erläutern.

Kategorisierung von Tierarzneimitteln

Tierarzneimittel werden laut Gesetz in frei verkäufliche und apothekenpflichtige Stoffe eingeteilt. Unter die apothekenpflichtigen Medikamente fallen ebenfalls die verschreibungspflichtigen Stoffe.
Die freiverkäuflichen Medikamente sind (wie der Name vermuten lässt) für Tierärzte und Besitzer frei im Handel erhältlich, da sie auf Grund ihrer Wirkstoffe keine besondere Fachkenntnis (z.B. tierärztliche Approbation) bei der Anwendung benötigen.

Verschreibungspflichtige Medikamente hingegen erfordern als Grundlage eine tierärztliche Diagnose, denn sie werden zur Heilung von Tierkrankheiten verwendet. Sie dürfen von TierärztInnen vom Händler bezogen und im Rahmen einer angemeldeten tierärztlichen Hausapotheke angewendet und an BesitzerInnen abgegeben werden, wenn nach einer gründlichen Untersuchung eine Diagnose (also eine Indikation) dafür besteht. Allgemein dient diese Regelung dem Schutz und der sicheren Anwendung im Umgang mit Tierarzneimitteln.

Warum ein neues Tierarzneimittelgesetz?

Die neuen Regelungen wurden zur weiteren Erhöhung der Sicherheit von Tierarzneimitteln und zur stärkeren Senkung der Anwendung antimikrobieller Wirkstoffe erlassen. Durch die neuen Verordnungen wird ein einheitliches Tierarzneimittelgesetz geschaffen, das hochwertige, unbedenkliche und wirksame Tierarzneimittel gewährleiten soll. Der „OneHealth-Gedanke“ als Verbindung der Tiermedizin mit der Humanmedizin soll mehr in den Vordergrund rücken.
Durch die neue Verordnung wird beispielsweise die Anwendung der Antibiotika in der Tiermedizin weiterhin reduziert. So werden die prophylaktischen Anwendungen von Antibiotika bei Tiergruppen untersagt und bestimmte Wirkstoffgruppen der Humanmedizin vorbehalten (Reserveantibiotika).

Welche Antibiotika der Tiermedizin weiterhin zur Verfügung stehen, wird noch veröffentlicht. Weiterhin müssen Antibiotika-Verbrauchsmengen bei den verschiedenen Tierarten dokumentiert werden.

§ 50 Anwendung von Tierarzneimitteln (2)

„Tierhalterinnen und Tierhalter sowie andere Personen, die nicht Tierärztinnen oder Tierärzte sind, dürfen verschreibungspflichtige Tierarzneimittel und veterinärmedizintechnische Produkte sowie Arzneimittel nach § 2 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes bei Tieren nur anwenden, soweit

  1. diese von einer Tierärztin oder einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind, bei der oder dem sich die Tiere in Behandlung befinden, und
  2. eine tierärztliche Behandlungsanweisung für den betreffenden Fall ausgehändigt wurde.“

Verschreibungspflichtige Medikamente (z.B. Entwurmungsmittel) dürfen laut der neuen Gesetzgebung also nur noch an Besitzer abgegeben werden, wenn die Tiere bei ihnen in Behandlung sind und eine entsprechende Diagnose gestellt wurde. Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass Diagnosen, die extern durch Labore gestellt werden natürlich ebenfalls gelten/valide sind, da praktizierende Tierärzte viele Proben zur Untersuchung an Labore schicken und diese teilweise gar nicht selbst untersuchen können, je nach Untersuchung. Das bedeute für die Praxis, dass TierärztInnen auf Grund von Befunden eines externen Labors (z.B. Kokzidien bei einem Kaninchen) logischerweise auch weiterhin die entsprechenden Präparate anwenden und verschreiben dürfen.

Abgabe und Anwendung von Entwurmungsmitteln

An diesem Punkt scheint es aktuell noch Unsicherheiten von Seiten der TierärztInnen zu geben, was beispielsweise die Abgabe von Entwurmungsmitteln betrifft. Bisher waren die Abgabe und die Anwendung bereits in der tierärztlichen Hausapotheken-Verordnung geregelt:

§ 12 Abgabe der Arzneimittel an Tierhalter durch Tierärzte

„(1) Arzneimittel, die für den Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegebene Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen enthalten oder auf Grund ihres Verabreichungsweges oder ihrer Indikation apothekenpflichtig sind, dürfen von Tierärzten an Tierhalter nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung von Tieren oder Tierbeständen abgegeben werden.

(2) Eine Behandlung im Sinne des Absatzes 1 schließt insbesondere ein, dass nach den Regeln der veterinärmedizinischen Wissenschaft

  1. die Tiere oder der Tierbestand in angemessenem Umfang vom Tierarzt untersucht worden sind,
  2. die Anwendung der Arzneimittel und der Behandlungserfolg vom Tierarzt kontrolliert werden und
  3. im Falle der Behandlung mit einem Arzneimittel mit antibakterieller Wirkung eine klinische Untersuchung vom Tierarzt durchgeführt wird.“

Die Regelungen im Tierarzneimittelgesetz beschreiben klar, dass keine Mittel ohne gründliche Untersuchung und eine gestellte Diagnose (z.B. Wurmbefall) abgegeben werden dürfen. Hierbei spielt es aber keine Rolle, ob der behandelnde Tierarzt selbst einen Wurmbefall festgestellt hat oder, ob die Diagnose durch ein externes Labor (z.B. exomed) gestellt wurde. Vor Abgabe eines Entwurmungsmittels kann es aber in Zukunft nötig sein, dass die Tiere mit einem durch ein Labor gestellten Befund nochmals beim Tierarzt/ bei der Tierärztin untersucht werden müssen, bevor dieser die Medikamente abgeben darf. Dies ist aber insbesondere dann auch zu befürworten, wenn es sich z.B. um eine Parasitose handelt, die zu ausgeprägten klinischen Symptomen führt (z.B. Abmagerung, Erbrechen, Durchfall).

Was ändert sich durch das neue Tierarzneimittelgesetz im Ablauf?

Letztendlich ändert sich am Ablauf also nicht viel! Es gilt weiterhin regelmäßig Kotuntersuchungen beim Tierarzt oder einem Labor (z.B. exomed) einzusenden und untersuchen zu lassen.
Bei einem positiven Kotbefund sollte umgehend Kontakt zum behandelnden Tierarzt/ Tierärztin aufgenommen werden, damit der weitere Ablauf geklärt werden kann. Es ist gut möglich, dass diese/r das Tier nochmal vorgestellt haben möchte und durchaus legitim, bevor die Wurmkur abgegeben wird. Wichtig ist, dass in der Tierarztpraxis keine erneute Kotuntersuchung durchgeführt werden muss. Manche Tierärzte/Innen scheinen es so aufgefasst zu haben, dass „Sie selbst“ die Diagnose stellen müssen. Das ist aber nicht der Fall. Befunde aus externen Laboren (z.B. exomed) sind weiterhin als Diagnose gültig!

§ 50 Anwendung von Tierarzneimitteln (3)

„Tierhalterinnen und Tierhalter sowie andere Personen, die nicht Tierärztinnen oder Tierärzte sind, dürfen verschreibungspflichtige von einer Tierärztin oder einem Tierarzt verschriebene oder erworbene Tierarzneimittel oder veterinärmedizintechnische Produkte nur gemäß einer tierärztlichen Behandlungsanweisung, die die Tierärztin oder der Tierarzt für den betreffenden Fall ausgehändigt hat, anwenden.“

Die neue Regelung im Tierarzneimittelgesetz betrifft die Abgabe aller verschreibungspflichtiger Tierarzneimittel und soll die unsachgemäße Abgabe und Anwendung dieser Wirkstoffe einschränken. So sind TierärztInnen beispielsweise auch verpflichtet, bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten einen genauen Behandlungsplan mit Dosierung, Dauer und Frequenz, etc. der Anwendung anzufertigen. Dieser soll sicherstellen, dass TierbesitzerInnen eine genaue Instruktion Im Umgang mit Tierarzneimitteln in die Hand gegeben wird und somit der Therapieerfolg gesichert wird. Sollten auf Laborbefunden bereits Therapievorschläge zu den Befunden verzeichnet sein (bei exomed der Fall), können sich die TierärztInnen auf diese beziehen bzw. sich daran orientieren:

Trotz dem Mehraufwand ist die Regelung insofern sinnvoll, dass auch bei den Entwurmungsmitteln (wie bei den Antibiotika, aber auch bei manchen Entwurmungsmitteln) vermehrt Resistenzen auftreten. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden, damit auch in Zukunft noch wirksame Mittel zuverlässig anwendbar bleiben. Weiterhin können mit einer vorherigen klinischen Untersuchung Behandlungserfolge besser kontrolliert und eventuelle Begleitsymptome (z.B. Durchfall bei Parasitose) behandelt werden.

Quellen:
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/text.xav?SID=&tf=xaver.component.Text_0&tocf=&qmf=&hlf=xaver.component.Hitlist_0&bk=bgbl&start=%2F%2F*%5B%40node_id%3D%271033806%27%5D&skin=pdf&tlevel=-2&nohist=1&sinst=7FA8D45E (11.02.22)

https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/11-neues-tierarzneimittelrecht-2022.html (11.02.22)

https://www.goingpublic.de/life-sciences/neues-tierarzneimittelrecht-2022/ (12.02.22)

https://www.umwelt-online.de/regelwerk/cgi-bin/suchausgabe.cgi?pfad=/lebensmt/amg/tamg21.htm&such=zust%E4ndige (16.02.22)